Bienensterben verhindern – so gelingt Bienenschutz in Stadt und Garten
Temperaturen steigen, die Tage werden länger, der Frühling naht. Bevor der Run auf die Gartenfachmärkte startet, spricht die GW-Redaktion mit einem Experten über Wildbienen und ihren Artenschutz
Knapp die Hälfte aller Wildbienenarten bedroht
Bienen leisten Großes für die heimische Natur. Ohne sie gäbe es weder Artenvielfalt noch Biodiversität. In Deutschland allein leben ungefähr 580 Wildbienenarten. Knapp die Hälfte davon ist bedroht. „Eine Gefahr, die uns alle betrifft“ gibt Bienenexperte Dr. Otto Boecking zu bedenken, „denn wir profitieren sowohl in der freien Natur als auch in der Landwirtschaft von der Insektenbestäubung, insbesondere durch Bienen. Geht diese zurück, erleiden wir durch niedrigere Ertragswerte auch einen wirtschaftlichen Nachteil.“ Ganz zu schweigen vom Biodiversitätsverlust und den daraus resultierenden Dominoeffekten. „Wenn wir eine Tierart verlieren, fallen in der Folge auch andere Arten zum Opfer“, warnt der Wissenschaftler.
Sorgenkind Hummel
Der Klimawandel hat direkten Einfluss auf alle Wildbienenarten – dazu zählen Sandbienen, Harzbienen, Wollbienen oder Mauerbienen. Einige Arten profitieren von der Erwärmung, andere leiden darunter. Eine Gattungsvertreterin trifft es besonders hart: die Hummel. „Diese Bienenart ist an kältere Regionen angepasst. Durch die regionale Erwärmung verschwinden die Tiere allmählich. Im Vergleich zu anderen Wildbienenarten ist es für sie nicht so leicht, die Verluste durch Besiedelung neuer Gebiete zu kompensieren“, fasst Dr. Boecking die aktuellen Studienbeobachtungen zusammen.
Ob Balkon oder Garten – Bienenschutz beginnt zu Hause
Was können Bienenfreunde auf dem Land und in der Großstadt tun? „Eine Menge“, erklärt Dr. Boecking und springt einer ungeliebten Pflanzengattung zur Seite: „Wir sollten zuallererst mehr Wildwuchs zulassen. Viele von den Pflanzen, die wir als Unkräuter bezeichnen, können für den Insekten- und Bienenschutz sehr wertvoll sein.“ Weiterhin eignen sich heimische blühende Pflanzen. „Ein Buchsbaum, eine Thuja-Hecke oder auch die schön anzusehenden Magnolien bringen den Insekten wenig“, so der Experte. Für den Balkon eignen sich beispielsweise Rosmarin oder Lavendel. Nisthilfen sind weitere Möglichkeiten, um zu unterstützen. Erdhaufen im Garten helfen Wildbienen beim Nestbau.
Wer keinen Balkon hat, dem reicht auch eine einfache Häuserwand, an die man ein Stück abgestorbene Buche oder Esche hängen kann. „Bohrt man von der Rindenseite ein paar Löcher rein, ahmt man die Fraßgänge von Käferlarven nach“. Exemplare wie die Gehörnte Mauerbiene bauen hier gerne ihre Nester. „Das sind harmlose Tiere, die nicht stechen. Da kann man mit der Nase dran stehen und wertvolle Tierbeobachtungen betreiben“, beruhigt Dr. Boecking. „Wir sind von der Natur abhängig und haben daher auch die Verpflichtung, etwas für den Naturschutz zu tun.“ Eine gute Gelegenheit dafür kann der anstehende Besuch im Gartenfachmarkt sein – der Hummel zuliebe.
Diese Maßnahmen tragen direkt zum Bienenschutz bei:
- Anbau wilder Pflanzen und Kräuter, z.B. Lavendel, Rosmarin
- Anbau heimisch blühender Pflanzen, z. B. Gewöhnliche Natternkopf, Zaun-Wicke, Rainfarn
- Schaffung von Nisthilfen, z. B. Erdhaufen im Garten
- Bohren von Löchern in Holzstücke, um Fraßgänge von Käferlarven nachzuahmen
Zur Person: Dr. Otto Boecking beschäftigt sich als Wissenschaftler am LAVES Institut für Bienenkunde in Celle mit verschiedenen Themenfeldern rund um Honigbienen und Wildbienen. Auf der Grünen Woche 2023 sprach er zum Thema Bienenschutz. Er ist auch Jurymitglied bei der Initiative #beebetter, die sich für mehr Wildbienenschutz einsetzt.
Der Hummel setzt der Klimawandel sehr zu – hier ein Exemplar der Bunten Hummel (Bombus sylvarum). Copyright: Dr. Otto Boecking