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NRW: Es geht auch anders!

Allein diese Namen lassen ein bisschen Wehmut aufkommen: Weißer Winterglockenapfel, Gascoynes Scharlachroter, Goldrenette aus Bienheim, Grüner Stettiner. 235 Körbe hat die Biologische Station im Rhein-Sieg-Kreis in sechs Stufen aufgebaut. Es duftet, Äpfel in Tiefrot liegen da, andere sind eher zartrot, gelb oder mit fast bräunlicher Schale. In jedem Korb eine andere Sorte – und die meisten davon kennt kaum noch jemand.

„Im Supermarkt finden wir nur noch einen Bruchteil der Sorten, die es gibt“, sagt Barbara Boillon, die stellvertretende Leiterin der Station, und führt zu zwei Varianten des Golden Delicious, einem der meistverkauften Äpfel in Deutschland. Die Früchte in dem einen Korb sind groß, prall und knackig. In dem anderen sind sie klein und mit schwarzbraunen Flecken gesprenkelt. „So sehen Golden Delicious aus, wenn sie nicht gespritzt werden“, erklärt Barbara Bouillon.

Alte Apfelsorten gegen aktuelle Probleme

Der Golden Delicious ist aus Sicht von Produzenten eigentlich der perfekte Apfel. Die Bäume tragen regelmäßig und wachsen nicht zu stark in die Höhe, der Apfel selbst hat einen sehr guten Geschmack und einen langen Stiel – kurzstielige Sorten fallen eher mal vom Baum. Aber er ist anfällig für die Pilzerkrankung Apfelschorf, die das Obst fleckig und die Schale spröde macht. Essbar sind die Früchte immer noch, aber unverkäuflich. Also wird gespritzt.

Pflanzenkrankheiten und Klimawandel – auch im Obstanbau müssen sich Produzenten, Züchterinnen und Züchter auf immer neue Anforderungen einstellen. So stellt sich bei Neuzüchtungen, von denen man dachte, sie seien immun gegen Obstschorf, nun nach 15, 20 Jahren heraus, dass die Pilze sich angepasst haben und die Bäume doch befallen können. Deshalb versuchen Barbara Bouillon und ihre Kolleginnen und Kollegen alte Obstsorten zu erhalten, weil deren verschiedenen Eigenschaften für Einkreuzungen gebraucht werden.

Neue Wege in der Landwirtschaft

Nordrhein-Westfalen ist mit zahlreichen Initiativen vertreten, die in der Landwirtschaft Wege jenseits des Mainstreams gehen. Im Verein Mutterkuh NRW zum Beispiel haben sich Tierhalterinnen und Tierhalter zusammengeschlossen, die die Kälber acht Monate lang bei der Mutterkuh lassen, statt sie direkt nach der Geburt von ihr zu trennen. Das Genossenschaftsprojekt Die faire Milch garantiert bäuerlichen Familienbetrieben faire Erzeugerpreise, im Verein mein-ei.nrw haben sich Legehennenbetriebe für die gemeinsame regionale Vermarktung zusammengeschlossen.

Ausgezeichnete Weine und Bier aus der Privatbrauerei

Überhaupt bereitet NRW eher den kleinen, familiären Betrieben eine Bühne: dem Hof Sprenker zum Beispiel, der unter anderem Edamame (Sojabohnen) anbaut, dann trocknet oder zu Snack-Creme verarbeitet. Oder dem vielfach ausgezeichneten Weingut Pieper wie auch der Privatbrauerei Barre, die im ostwestfälischen Lübbecke bereits in sechster Generation in Familienhand geführt wird. Eine Seltenheit in der Bierbranche, die stark von Großbrauereien dominiert wird.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst wurde bei seinem Messerundgang am Barre-Stand nicht vom Firmenchef, sondern zwei jungen Frauen begrüßt – ein Anblick, an den sich alle schon mal gewöhnen können, denn: „Die siebte Generation wird auf jeden Fall weiblich“, sagt Marketingchefin Mareike Materia. Unternehmenstochter Clara Barre studiert derzeit in Berlin und hilft während der Grünen Woche beim Ausschank aus.

Tradition pflegen und Neues zulassen – damit konnte sich die Privatbrauerei seit 1842 im Markt behaupten. 30 Prozent ihres Bieres verkauft sie im Fass an die Gastronomie in der Region. Jeden Freitag werden dafür die Brauereipferde Alfred und Gustav eingespannt und die Fässer mit der Bierkutsche ausgeliefert. Barre bietet aber auch Schulungen zur Schankpflege, und sie testete als eine der ersten alkoholfreie Varianten, Fassbrause und Alster-Getränke aus. Bei allen Innovationen sei eines immer das Wichtigste, sagt Mareike Materia: eine „hohe Drinkability“.

Eine Hand hält einen Apfel.

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